Heute stand das Heimspiel gegen die 3. Mannschaft der Sfr Bad Emstal /Wolfhagen auf der Tagesordnung. Ausnahmsweise haben sich die Mannschaften in Vorfeld geeinigt nur an 6 Brettern zu spielen.
Trotzdem konnten unsere Gäste nur mit 5 Mann antreten. Somit gingen wir bereits zum Wettkampfbeginn mit 1:0 in Führung.
Mir bot mein Gegner bereits nach 20 min Spielzeit ein Remis an. Normalerweise denke ich über derat verfrühte Angebote gar nicht nach, aber hier führte mich das in Versuchung. Ein frühes Remis hilft in der Regel der führenden Mannschaft, also uns. Außerdem hab ich mit meinem seit gefühlten 100 Jahren (Wir haben uns schon in unserer Jugend am Brett duelliert) eine positive Bekanntschaft - dass dämpft den Killerinstinkt naturgemäß ohnehin etwas. Andererseits muß ich als Mannschaftsführer sowieso bis Wettkampfende vor Ort bleiben - dass wäre dann doch etwas viel freie Zeit...
Also ablehnen und kämpfen.
Nach etwa einer Stunde geht die Partie von Bernd Schnitzlein zu Ende. Einzügig die Dame eingestellt...
Und hier gab es ein kleines Missverständnis. Ich hatte verstanden, dass Bernd Schnitzlein seine Dame eingestellt hätte (Also Zwischenstand 1:1). Tatsächlich hat aber Bernds Gegner seine Dame eingestellt und wir liegen 2:0 in Führung. Für mich sollte sich dieses Missverständnis auch erst nach Beendigung meiner eigenen Partie auflösen.
Dann verliert Fynn Wolf seine Partie.
"Jetzt wirds eng" dachte ich mir. 2:1 Führung für Bad Emstal/Wolfhagen. Vanessa hat im Franzosen ein Läuferopfer auf h7 angebracht (und wird ja doch hoffentlich ein Matt finden), ich selbst habe eine etwas chaotisch unübersichtliche Stellung (aber da fühl ich mich ja wohl) und Manfred Willich steht ausgeglichen.
In Wahrheit war es natürlich eine komfortabele Situation, weil ja nicht Bad Emstal Wolfhagen sondern SK Turm Bad Hersfeld 2:1 in Führung liegt.
Vanessa beendet Ihre Partie mit einer erzwungenen Zugwiederholung. Schade, kein Matt gefunden, aber vielleicht gab es ja auch gar keins. Ein Standartopfer erzwingt halt nicht immer ein Matt, auch wenn die Lehrbücher voll mit Läuferopfern auf h7 sind, die natürlich alle in wunderschönen Matts enden. (Läuferopfer die nicht mit Matt enden kommen nicht in die Lehrbücher)
Damit liegen wir also 2,5 : 1,5 in Führung. Wobei ich allerdings immer noch im Glauben war, Bad Emstal/Wolfhagen wäre damit 2,5:1,5 in Führung gegangen.
Und jetzt bot mir mein Gegner wieder Remis an. Meine Stellung war immer noch sehr dynamisch, aber in den letzten Zügen war das nicht so gelaufen wie ich mir das vorgestellt hatte. Ich stehe etwas schlechter. Hätte ich gewußt, dass wir mit 2:5:1,5 in Führung liegen, hätte ich das Remis nach kurzem Überlegen angenommen. Aber wenn man hinten liegt, muß man auch schlechtere Stellungen weiterspielen.
Zunächst ein Blick auf Manfred Willichs Stellung: Doppelturmendspiel + ungleichfarbige Läufer. Von der Bauernstruktur und Turmaktivität steht Manfred minimal schlechter. vermutlich kann er das aber remis halten.
Dann am nächsten Zug überlegen... und dabei fällt mir auf, dass ich nicht so spielen kann, wie ich das geplant hatte. Da gibt es eine taktische Widerlegung.
Nach Alternativen/Verbesserungen suchen. Je länger ich suche, desto mehr wird mir klar wie schlecht meine Stellung ist. Ich stehe nicht etwas schlechter, ich stehe richtig schlecht.
Also doch Zähneknirschend das Remis annehmen im Glauben ich hätte Bad Emstal/Wolfhagen eine 3:2 Führung beschert. Es sollte noch etwa eine halbe Stunde dauern, bis ich erfahre, dass ich uns eine 3:2 Führung beschert habe.
Die endgültige Entscheidung über die Mannschaftspunkte liegt jetzt bei Manfred Willich. Das Remis würde reichen. Allerdings ist das nicht so einfach wie es scheint. Zunächst wird ein Turmpaar getauscht. Im Endspiel Turm + ungleichfarbige Läufer kann sich sein Gegner mittelfristig einen Freibauern am Damenflügel bilden. Wenn das geschieht kann der Gegner mit seinem König zum Damenflügel laufen und Manfred müsste seinen Läufer für den Freibauern geben. Damit wäre die Partie verloren.
Daher muß Manfred entweder Drohungen oder einen Freibauern am Königsflügel schaffen. Dabei muß er abwägen: Ist er zu zögerlich, können die Bauern blockiert werden oder der eigener Freibauer entsteht zu spät um ein wirksames Gegengewicht zu bilden. Geht er zu forsch vor, können seine Bauern und oder seine Königsicherheit schwach werden.
Letztlich kam es so, wie es nicht kommen sollte. Manfreds Bauern am Königsflügel wurden blockiert und sein Gegner konnte obig skizzierten Gewinnplan ungehindert durchsetzen.